E-Mail-Überwachung am Arbeitsplatz_der Account des Arbeitnehmers wird privat genutzt

Überwachung am Arbeitsplatz – Dürfen Arbeitgeber E-Mails ihrer Mitarbeiter mitlesen?  

Heutzutage findet die Unternehmenskommunikation fast vollständig auf elektronischem Wege statt. Der „echte“ Brief – fast schon ein Relikt der Vergangenheit. Mittlerweile ist die E-Mail das zentrale Kommunikationsinstrument unserer modernen Arbeitswelt. Mitarbeiter erhalten hierfür vom Arbeitgeber in den meisten Fällen ihr eigenes, personalisiertes E-Mail-Postfach. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Darf der Arbeitgeber eigentlich auf dieses E-Mail-Postfach der Mitarbeiter zugreifen? 

Hieran haben Arbeitgeber häufig ein gesteigertes Interesse. Sei es, um bei einer urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Mitarbeiters die geschäftliche Korrespondenz weiter abzuwickeln oder auch, um im Einzelfall Verhaltens- oder Leistungskontrollen durchzuführen. 

Mit dem folgenden Beitrag soll die vorstehende Frage – jedenfalls soweit wie möglich – beantwortet werden. Unter „Rechtstipps“ finden Sie zudem einige Lösungsansätze für die Praxis.

Inhaltsübersicht:

Untersagte oder erlaubte Privatnutzung des E-Mail-Postfachs?

Der dienstliche E-Mail-Account

Der „auch private“ E-Mail-Account

Fungiert der Arbeitgeber als Telekommunikationsanbieter? 

Anwendbarkeit des Datenschutzrechts?

Was gilt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Rechtstipps:

#1 Untersagung der Privatnutzung

#2 Bei erlaubter Privatnutzung – Klare Vereinbarungen treffen 

#3 Vor Ausscheiden des Mitarbeiters Verhaltensregeln aufstellen

Untersagte oder erlaubte Privatnutzung des
E-Mail-Postfachs?

Ob ein Zugriffsrecht des Arbeitgebers besteht, hängt zunächst davon ab, ob eine Privatnutzung des E-Mail-Accounts vom Arbeitgeber gestattet (oder auch geduldet) wird.

Der dienstliche E-Mail-Account 

Sofern ausschließlich eine dienstliche Nutzung des E-Mail-Accounts erlaubt ist, hat der Arbeitgeber das Recht, Einsicht in die geschäftlichen E-Mails der Mitarbeiter zu nehmen. Da im Rahmen einer verbotenen Privatnutzung lediglich dienstliche E-Mails in dem jeweiligen E-Mail-Account vorzufinden sein müssten (bei korrekter Nutzung), findet in diesem Fall kein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre der Mitarbeiter statt. 

E-Mails, die erkennbar dem privaten Bereich der Mitarbeiter zuzuordnen sind – bspw. aufgrund des Betreffs oder des Absenders – darf der Arbeitgeber auch bei verbotener Privatnutzung nicht einsehen. 

Der Arbeitgeber darf aber Verhaltenskontrollen durchführen und überprüfen, ob der Mitarbeiter sich an die verbotene Privatnutzung hält, d.h. er kann nachsehen, ob private Mails im Postfach des Mitarbeiters sind – freilich ohne diese zu lesen. 

Bei den Kontrollaktivitäten müssen Arbeitgeber stets die Verhältnismäßigkeit wahren, mit der Konsequenz, dass ständige und systematische Überwachungen aber auch (anlasslose) heimliche Kontrollen unverhältnismäßig und damit unzulässig sind. 

Informationen, die im Rahmen einer heimlichen Überprüfung des E-Mails-Postfaches gefunden werden, hat der Arbeitgeber in unzulässiger Weise erlangt und sind damit nicht verwertbar. Das heißt, der Arbeitgeber kann die Informationen nicht verwenden, um darauf z.B. eine verhaltensbedingte Kündigung zu stützen. Der Arbeitgeber würde voraussichtlich im Kündigungsschutzprozess scheitern, da ein Verwertungsverbot für diese in rechtswidriger Weise erlangten Informationen besteht. Die heimliche Überwachung eines rein dienstlich zu nutzenden E-Mail-Accounts ist nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig, z.B. wenn ein konkreter Verdacht auf schwerwiegende Missbrauchshandlungen oder eine Gefährdung von Unternehmensinteressen gegeben ist. 

Der „auch private“ E-Mail-Account

Ist die private Nutzung des E-Mail-Accounts hingegen erlaubt oder geduldet, ist die ganze Angelegenheit etwas komplizierter. Die rechtliche Lage ist trotz der Gesetzesänderungen im Telekommunikationsgesetz („TKG“) und Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz  („TTDSG“) vom 01.12.2021, leider nach wie vor unklar. 

Fungiert der Arbeitgeber als Telekommunikationsanbieter? 

Kern der anhaltenden Diskussion ist die (höchstrichterlich noch nicht entschiedene) Frage, ob der Arbeitgeber als Telekommunikationsanbieter auftritt, wenn er seinen Mitarbeitern die private Nutzung des E-Mail Accounts gestattet. Bejaht man diese Frage, hätte dies zur Konsequenz, dass das Fernmeldegeheimnis im Arbeitsverhältnis Anwendung findet. 

Dann dürften Telekommunikationsinhalte (so auch E-Mails) nur vom Arbeitgeber überprüft werden, wenn dies für die Erbringung der Telekommunikationsdienste und zum Schutz der technischen Systeme notwendig wäre. Ausgehend hiervon, hätte der Arbeitgeber kein Zugriffsrecht auf das Postfach seiner Mitarbeiter. Nimmt der Arbeitgeber dennoch Einsicht in die E-Mails seiner Mitarbeiter, läge eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses vor und der Arbeitgeber würde sich strafbar machen! Hier drohen hohe Geld- und sogar Freiheitstrafen.

Anwendbarkeit des Datenschutzrechts?

Klassifiziert man den Arbeitgeber nicht als Telekommunikationsanbieter, unterliegen die arbeitgeberseitigen Kontrollaktivitäten ausschließlich den Regelungen des allgemeinen Datenschutzrechts (DSGVO und BDSG). Der Zugriff auf den E-Mail-Account eines Mitarbeiters wäre hiernach nur dann möglich, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Einsichtnahme besteht, z.B. wenn ein konkreter Straftatverdacht gegen den Mitarbeiter im Raum steht oder wenn der Mitarbeiter längere Zeit abwesend und der Zugriff für die Abwicklung der geschäftlichen Korrespondenz erforderlich ist.

Was gilt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Spätestens dann, wenn ein Mitarbeiter ausgeschieden ist und keine Regelung zum Umgang mit dem E-Mail-Postfach getroffen wurde, stellt sich die Frage, wie mit dem E-Mail-Account umzugehen ist. Was viele Arbeitgeber nicht wissen: auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber – bei gestatteter Privatnutzung – kein Zugriffsrecht auf die E-Mails seines Mitarbeiters. 

Rechtstipps:

#1 Untersagung der Privatnutzung

Vor dem Hintergrund dieser rechtlich diffusen Lage ist Arbeitgebern dringend zu empfehlen, ihren Mitarbeitern die private Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts zu untersagen. Dies kann bereits im Arbeitsvertrag oder auch nachträglich im Rahmen einer Ergänzungsvereinbarung geregelt werden. Ist ein Betriebsrat vorhanden, können die entsprechenden Grundsätze zur Nutzung von Internet und E-Mail auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden. Nur im Falle einer untersagten Privatnutzung des E-Mail-Postfachs können Arbeitgeber die Anwendbarkeit des Fernmeldegeheimnisses rechtssicher ausschließen.

#2 Bei erlaubter Privatnutzung – Klare Vereinbarungen treffen 

In einer modernen Arbeitswelt, wo privates und berufliches – auch durch vermehrte Nutzung von Home Office und Mobile Work – immer mehr zusammenschmilzt, lässt sich ein solche „harte“ Linie aber kaum noch durchsetzen. Von einem modernen Arbeitgeber wird häufig verlangt, liberale Arbeitsmodelle anzubieten. Hierzu zählt auch, eine möglichst freie und flexible Infrastruktur bereitzustellen. 

Ist die private Nutzung – aus welchen Gründen auch immer – im Unternehmen erlaubt, sollte sich der Arbeitgeber aber für die Einsichtnahme in die Mitarbeiter Mails eine Einwilligung des jeweiligen Mitarbeiters einholen. Idealerweise werden sogar Richtlinien aufgestellt, die das Einsichtsrecht des Arbeitgebers und die Verhaltensgrundsätze der Mitarbeiter unmissverständlich regeln. Solche Vereinbarungen bieten beiden Arbeitsvertragsparteien Rechtssicherheit und die jeweiligen Interessen können ausreichend berücksichtigt bzw. geschützt werden. Hier kann beispielsweise festgelegt werden, dass private E-Mails entsprechend zu kennzeichnen und an einem anderen Ort abzulegen sind, um eine Verletzung der Privatsphäre auszuschließen. Auch der Umgang und das Zugriffsrecht mit dem E-Mail-Postfach nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte bereits im Arbeitsvertrag oder der Richtlinie klar geregelt sein. Hier ist gut beraten, wer früher schon an später denkt.

#3 Vor Ausscheiden des Mitarbeiters Verhaltensregeln aufstellen

Sollte der Umgang mit dem E-Mail-Postfach nicht bereits im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt sein, ist Arbeitgebern zu empfehlen, ausscheidende Mitarbeiter (spätestens kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses) dazu zu verpflichten, alle privaten E-Mails aus dem Postfach zu entfernen. Andernfalls wäre ein ungestrafter Zugriff auf die verbliebenen dienstlichen E-Mails des betroffenen Mitarbeiters nicht möglich. 

Je nach Notwendigkeit sollte auch geregelt werden, dass der Arbeitgeber nach dem Ausscheiden (zumindest vorübergehend) Zugriff auf das Postfach erhält, jedenfalls aber neu eingehende E-Mails automatisch an eine andere E-Mail-Adresse weitergeleitet werden. Der Arbeitgeber hätte sonst – nach dem oben gesagten – faktisch kein Zugriffsrecht, weil immer die Möglichkeit bestünde, dass auch nach dem Ausscheiden noch private E-Mails in dem Postfach eingehen.

Problematisch wird dies allerdings dann, wenn ein Mitarbeiter wegen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung außerordentlich gekündigt und sofort freigestellt wird und eine Regelung einfach vergessen wurde. Dementsprechend ist der Abschluss einer klaren Regelung bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses dringend zu empfehlen. 

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